Nachträge für zusätzliche Leistungen nach tatsächlichen Kosten zu ermitteln
Mit einem vielbeachteten Urteil vom 08.08.2019 hat der Bundesgerichtshof für VOB-Bauverträge neue Grundsätze für die Bemessung neuer Einheitspreise in Fällen der Abrechnung von Mehrmengen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B aufgestellt. So soll dieser Nachtragspreis entgegen jahrzehntelanger Praxis nicht mehr auf Grundlage der sog. vorkalkulatorischen Preisfortschreibung ermittelt werden, sondern nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zzgl. angemessener Zuschläge. Im Anschluss an diese Entscheidung wird diskutiert, ob deren Grundsätze auch auf die Ermittlung der Nachtragsvergütung bei Änderungsleistungen im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B und bei zusätzlichen Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 6 VOB/B anwendbar sind. Die überwiegende Meinung bejaht das, wenngleich die angesprochenen Vorschriften nicht wortgleich mit § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sind. Das OLG Brandenburg hat in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 22.04.2020 (11 U 153/18) mit ausführlicher Begründung entschieden, dass auch für die Bemessung eines neuen Einheitspreises für zusätzliche Leistungen die tatsächlich erforderlichen Kosten maßgeblich sind, wenn die Vertragsparteien sich nicht ausdrücklich oder stillschweigend über eine Vergütung auf Grundlage einer vorkalkulatorischen Preisfortschreibung geeinigt haben. Für eine rechtssichere Einschätzung, wie nun Nachträge für Änderungsleistungen und für zusätzliche Leistungen zu ermitteln sind, bedarf es dennoch einer höchstrichterlichen Klärung.
Dr. Thomas Brübach, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater