Finanzierung öffentlicher Schwimmbäder in Gefahr- kippt der EuGH den Querverbund?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit jüngst veröffentlichtem Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 13.03.2019 (Az. I R 18/19) eine für kommunale Unternehmen höchst praxisrelevante Rechtsfrage aufgeworfen. Vor allem kommunale Stadtwerke kommen im Rahmen des sog. steuerlichen Querverbundes in den Genuss einer 2009 neu gefassten Sonderregelung des Körperschaftssteuergesetzes: Sie dürfen, wenn sie aus politischen Gründen dauerhaft verlustreiche Tätigkeiten erbringen, die entstehenden Verluste mit steuermindernder Wirkung gegen die Gewinne ihrer profitablen Sparten verrechnen. Dies spielt insbesondere für die Finanzierung von Daseinsvorsorgeleistungen gegenüber dem Bürger (Schwimmbäder, ÖPNV) eine Rolle. Private Unternehmen dürfen dagegen bei solchen aus unternehmensfremden Gründen betriebenen Dauerverlustgeschäften diese Verluste nicht steuerlich geltend machen, sondern müssen nach allgemeinen Regeln eine so genannte verdeckte Gewinnausschüttung hinnehmen. Der Bundesfinanzhof erkennt in dem gesetzlichen Ausschluss einer verdeckten Gewinnausschüttung, von dem nur öffentliche Unternehmen profitieren, eine europarechtlich verbotene Beihilfe. Deshalb lässt er nun im Vorabentscheidungsverfahren diese Rechtsfrage durch den EuGH prüfen.
Mit dem Vorlagebeschluss weicht der BFH von der bisherigen Rechtsprechung der Finanzgerichte ab, die den steuerlichen Querverbund als so genannte bestehende Beihilfe angesehen hatten, weil es diese historisch bereits vor Abschluss der Römischen Verträge zum 1. Januar 1958 gegeben habe (so etwa noch FG Köln, Urteil v. 9.3.2010 - 13 K 3181/05). Es ist zu erwarten, dass sich die Bundesrepublik darauf berufen wird, da bereits der Reichsfinanzhof im Jahr 1932 und der Bundesfinanzhof im Jahr 1956 über Fragen des staatlichen Querverbund entschieden haben.
Für kommunale Unternehmen führt der Beschluss zu einer erheblichen Unsicherheit. Sollte der EuGH zu demselben Ergebnis kommen wie der Bundesfinanzhof, so wäre § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 KStG ab dem Zeitpunkt der EuGH-Entscheidung nicht mehr anzuwenden. Hier rächt sich, dass die Bundesregierung des im Jahr 2009 unterlassen hat, vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung diese mit der EU-Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt abzuklären.
Im vom BFH entschiedenen Fall waren die Steuerjahre 2002 und 2003 relevant, das Risiko einer unzulässigen Beihilfe durch die steuerrechtliche Privilegierung des sog. Querverbundes kann aber auch in Folgejahren bestehen. Vor dem Hintergrund ist Stadtwerken zu raten, die dortige Querverbundspraxis mit Blick auf die Entscheidung des BFH insbesondere auch auf aktuelle Rückstellungsobliegenheiten zu prüfen und die ausstehende Entscheidung des EuGH zu berücksichtigen. Im Hinblick auf mögliche Rückforderungsrisiken ist das Augenmerk auf eine beihilfenrechtliche Rechtfertigung etwaiger Vorteile im Einzelfall zu richten.
Valentin Klumb B. A., Rechtsanwalt und Bachelor of Arts in Public Management & Governance
Dr. Michael Faber, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht