EuGH zum Recht auf Vergessenwerden
Der europäische Gerichtshof hatte in der Rechtssache Google LLC als Rechtsnachfolgerin der Google Inc. / Commission nationale de l'informatique et des libertes (CNIL) (Az. C-507/17) mit Urteil vom 24.09.2019 erneut über das Recht auf Vergessenwerden zu entscheiden.
Dieses Recht, welches der EuGH in einer vorangegangenen Entscheidung aus dem Jahr 2014 richterrechtlich entwickelt hat und das nun in Art. 17 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kodifiziert ist, gewährt natürlichen Person ein Recht auf Auslistung aus Suchergebnissen einer Suchmaschine, bei der Eingabe des betroffenen Namens.
In dem hier streitgegenständlichen Verfahren ging es um die räumliche Reichweite dieses Auslistungsanspruchs. Die CNIL (Nationaler Ausschuss für Informatik und Freiheitsrechte, Frankreich) hatte gegen Google ein Bußgeld von 100.000 € verhängt, nachdem Google sich geweigert hatte, die Auslistung beantragter Namen auf sämtlichen Domains ihrer Suchmaschine zu entfernen. Gegen diesen Beschluss erhob Google Nichtigkeitsklage beim Conseil d'Etat (Staatsrat, Frankreich), der dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte.
Der EuGH entschied nunmehr, dass Google zwar dazu verpflichtet sei, eine Auslistung der Suchergebnisse in allen mitgliedsstaatlichen Version seiner Suchmaschine durchzuführen und durch (technische) Maßnahmen sicherzustellen, dass Internetnutzer nicht auf die ausgelisteten Ergebnisse zugreifen.
Zu einer Auslistung der Suchergebnisse in sämtlichen Versionen seiner Suchmaschine sei Google jedoch nicht verpflichtet, da zahlreiche Drittstaaten kein Recht auf Auslistung kennen und auch die Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz der personenbezogenen Daten einerseits und der Informationsfreiheit der Internetnutzer andererseits weltweit sehr unterschiedlich ausfallen kann. Eine Regelung, die einen Anspruch auf Auslistung aus sämtlichen Versionen der Suchmaschine erzeuge, finde sich im Unionsrecht nicht.
Allerdings, so die Auffassung des EuGH, bestünden durchaus Möglichkeiten für die nationalen Behörden, derart weitreichende Auflistungen aufgrund von nationalen Schutzstandards zu fordern, da das Unionsrecht dies nicht verbiete.
Fazit: Betroffene, die eine Löschung von Suchergebnissen bei Eingabe Ihres Namens in einer Suchmaschine beantragen möchten, können dies aufgrund des unionsweit geltenden Rechts auf Vergessenwerden für sämtliche Mitgliedsstaaten fordern. Ein Auslistungsanspruch aus Suchmaschinenversionen von Drittstaaten lässt sich derzeit allerdings nicht mit Unionsrecht begründen. Hier sollte der Betroffene im konkreten Einzelfall prüfen lassen, ob im nationalen Recht nicht die Möglichkeit besteht, im Rahmen einer Abwägung eine derart weitreichende Auslistung zu begründen.
Kevin Müller LL.M., Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht