Außerordentliche Kündigung von LKA-Mitarbeiter trotz rechter Äußerungen unwirksam
Der Kläger des nun beim Bundesarbeitsgericht in letzter Instanz entschiedenen Verfahrens war seit September 2014 als Schichtleiter beim IT-Dauerdienst im Landeskriminalamt Thüringen beschäftigt. Dieser betreut u.a. alle IT-Systeme der Landespolizei. Im August 2016 nahm er an einer „Diskussion“ über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im öffentlich einsehbaren Teil eines sozialen Netzwerks (Facebook) teil und äußerte sich u.a. abfällig über „Moslems“. Im Februar 2017 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Kläger wegen Volksverhetzung und Beleidigung. Das Strafverfahren gegen den Kläger wurde in der Folgezeit gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Der Kläger habe mit seinen Äußerungen eine strafbare Volksverhetzung begangen. Daneben gebe es Zweifel an seiner Zuverlässigkeit und am Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung.
Das Bundesarbeitsgericht entschied allerdings am 27.06.2019, Az. 2 AZR 28/19, dass die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam ist.
Zur Begründung führt das Gericht u.a. aus, dass –sollte in den Äußerungen des Klägers in dem sozialen Netzwerk ein vertragswidriges Verhalten gelegen haben- es dem Beklagten insoweit zumutbar war, den Kläger zunächst abzumahnen und so den Versuch zu unternehmen, künftigen Vertragsstörungen zu begegnen. Hintergrund: Vorrang der Abmahnung vor der Kündigung.
Selbst wenn in den Äußerungen des Klägers in sozialen Medien zudem auf das Fehlen seiner persönlichen Eignung für die von ihm auszuübende Tätigkeit geschlossen werden könnte, ergebe die Interessenabwägung, dass es dem Beklagten zumutbar gewesen sei, den Kläger zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist mit -weniger sicherheitsrelevanten- Alternativtätigkeiten zu beschäftigen. Hintergrund: Vorrang der ordentlichen Kündigung vor der außerordentlichen Kündigung.
Fazit: Das Urteil zeigt einmal mehr die hohen (zu hohen?) rechtlichen Anforderungen, die für den Ausspruch einer wirksamen außerordentlichen Kündigung einzuhalten sind. Arbeitgeber sollten sich daher vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zur Rechtslage und den Handlungsoptionen beraten lassen.
Thomas Haschert Mag. Iur., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht, Datenschutzbeauftragter der Kanzlei, Datenschutzauditor