Revisionsrecht - Kein zweierlei Maß bei der Strafzumessung
Der zeitliche Abstand zwischen Tatbegehung und Urteilsfindung ist im Strafverfahren grundsätzlich ein wichtiger Aspekt bei der Strafzumessung. So ist bei lange zurückliegenden Straftaten in der Regel schon allein deswegen eine mildere Rechtsfolge zu verhängen. Der Gesetzgeber ermöglicht im Bereich des Sexualstrafrechtes, durch sehr lange Verjährungsvorschriften, allerdings auch eine Ahndung von Taten, wenn diese gegebenenfalls schon Jahrzehnte zurückliegenden. Vor diesem Hintergrund wurde in der Rechtsprechung zum Teil die Auffassung vertreten, dass in diesem Deliktsbereich dem Zeitablauf, im Gegensatz zu den allgemeinen Grundsätzen, für sich genommen hier keine strafmildernde Bedeutung zukommen dürfe. Mit Beschluss vom 12. Juni 2017 (Az.: GSSt 2/17) hat der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofes einer solchen Differenzierung nunmehr eine Absage erteilt. Er stützt sich dabei im Wesentlichen darauf, dass die Strafzumessung eine am Einzelfall orientierte Bewertung der hierfür bedeutsamen Umstände erfordere. Hierzu könne auch der eigenständige Strafzumessungsgesichtspunkt des zeitlichen Abstandes zwischen Tat und Urteil gehören. Aus den entsprechenden Verjährungsvorschriften ergebe sich nichts anderes, weil diese allein eine verfahrensrechtliche Zielrichtung hätten.
Dr. André Neumann, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)