Wirtschaftsstrafrecht – Wahlfeststellung weiterhin zulässig

In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass ein Angeklagter auch dann verurteilt werden kann, wenn das Tatgericht sich nur die Überzeugung verschaffen konnte, dass der Täter verschiedene Straftatbestände verwirklicht hat, nicht aber sicher feststeht, welchen genau. Diese, vereinfacht als ungleichartige Wahlfeststellung bezeichnete, Rechtsfigur setzt daneben aber eine rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der Straftatbestände voraus. Der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nun mit Beschluss vom 8. Mai 2017 (GSSt 1/17) entschieden, dass diese Form der Wahlfeststellung weiterhin zulässig sei. Der Entscheidung lag die Verurteilung eines Landgerichtes zu Grunde, welche den Angeklagten wegen gewerbsmäßig begangenen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei verurteilt hatte. Nach Auffassung des Großen Strafsenates handele es sich bei der ungleichartigen Wahlfeststellung um eine prozessuale Entscheidungsregel wie auch der Zweifelssatz. Insoweit wirke diese Rechtsfigur auch nicht strafbarkeitsbegründend, weil in jedem Falle feststehe, dass eine der Straftaten mit Sicherheit durch den Angeklagten begangen worden sei. Diesem sei auch bewusst, dass er gegen Normen des Strafrechtes verstoße. Zudem liefe eine gegenteilige Bewertung darauf hinaus, wahlweise Strafbarkeitsmerkmale innerhalb eines Straftatbestandes auch als Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip ansehen zu müssen. Mit dem Erfordernis der rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit sei zudem lediglich eine Einschränkung der Rechtsfigur verbunden. Schließlich halte sich diese auch im Rahmen der zulässigen richterlichen Rechtsfortbildung.

Dr. André Neumann, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)