OLG Frankfurt am Main lehnt Erstattung von Patentanwaltskosten in Markensache trotz Regelung in § 140 Abs. 3 MarkenG (a.F.) ab
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 21.08.2023 (Az. 6 W 24/20) die Erstattungspflicht von Patentanwaltskosten in einer Markensache abgelehnt.
Die für den Anspruch herangezogene Rechtsgrundlage des § 140 Abs. 3 MarkenG (a.F.) lautete: „Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten“.
Bisher wurde in der Praxis diese Regelung als (unwiderlegliche) Vermutungsregelung mit der Folge einer „automatischen“ Auferlegung der Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts entstanden sind, auf die unterlegene Partei angewandt. Es genügte jedenfalls, wenn die „Notwendigkeit“ von der sich auf die Vorschrift berufenden Partei behauptet wurde. Eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei durfte die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen entschieden die Gerichte regelmäßig.
Der Senat befand nunmehr, dass angesichts des Urteils des EuGH (Beschluss vom 28.04.2022 – C-531/20, Kosten des Patentanwalts VI) und der sich anschließenden Rechtsprechung des BGH (Beschlüsse vom 13.10.2022 – I ZB 59/19 bzw. I ZB 12/20 - Kosten des Patentanwalts VII; mit Zurückverweisung mangels Entscheidungsreife, es fehlte an den Feststellungen zur Notwendigkeit der prozessualen Mitwirkung des Patentanwalts) nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei.
Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG (a.F.) sei vielmehr mit Blick auf Art. 3 und Art. 14 RL 2004/48/EG dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass nur die Kosten der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig seien.
Die Begründung zur Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts enthielt, der Beklagte habe im vorliegenden Fall diverse Einwendungen gegen den Rechtsbestand der Klagemarken vorgebracht, absolute Schutzhindernisse hinsichtlich der Klagemarken behauptet und die rechtserhaltende Benutzung bestritten.
Den Senat überzeugte dies jedoch nicht. Zwar gehören zu Tätigkeiten, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts zählen etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage (BGH - Kosten des Patentanwalts II und III). Allerdings habe der BGH die Erstattungsfähigkeit verneint, wenn die entsprechende Tätigkeit auch von dem bereits beauftragten Rechtsanwalt hätte vorgenommen werden können, was jedenfalls dann der Fall sei, wenn es sich um einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz handele (BGH – Kosten des Patentanwalts IV). Bei die Marken betreffenden Kennzeichenstreitsachen gehe es jedoch nicht um naturwissenschaftliche oder technische Sachverhalte, sodass es oft entbehrlich sei, zusätzlich zu einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen. Der Umstand, dass es sich bei der Sache um eine komplexe oder bedeutsame Angelegenheit handele, reiche für sich genommen nicht aus, um das Erfordernis einer Mitwirkung eines Patentanwalts darzulegen.
Die vorgebrachten Tätigkeiten des Patentanwalts (Fragen der rechtserhaltenden Benutzung, des Rechtsbestandes sowie der Schutzhindernisse) seien jedenfalls solche, die auch der beauftragte Prozessbevollmächtigte als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz hätte vornehmen können. Nach § 14h Nr. 3 der Fachanwaltsordnung umfasse die Fachanwaltschaft für Gewerblichen Rechtsschutz auch das Recht der nationalen und europäischen Marken. Dieses umfasse „als kleines 1x1“ auch die vom Kläger angesprochenen markenrechtlichen Standardfragen.
Die Entscheidung des OLG zu § 140 Abs. 3 MarkenG (a.F.) ist auch zukünftig relevant, weil der neugefasste Absatz 4 des § 140 MarkenG wortgleich ist. Der Senat ließ jedenfalls ausdrücklich offen, ob die neue Rechtsprechung des BGH dazu führe, dass die Notwendigkeit der Erstattung von Patentanwaltskosten allenfalls noch bei rein technischen Sachverhalten in Betracht komme, was zu einem fast völligen Ausschluss der Erstattungsfähigkeit in Markensachen führen würde.
Klemens M. Hellmann LL.M., Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht