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Einfluss und Kontrolle als Minderheitsgesellschafter in der GmbH

Zur Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung einer GmbH ist nach § 47 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Nach § 47 Abs. 2 GmbHG gewährt dabei jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme. Daraus folgen zwei wesentliche Punkte: Erstens entspricht die Anzahl aller existierenden Stimmen dem Nennbetrag des Stammkapitals. Zweitens entspricht die prozentuale Beteiligung eines Gesellschafters am Stammkapital der GmbH dem prozentualen Stimmgewicht des jeweiligen Gesellschafters. Hält ein Gesellschafter beispielsweise Geschäftsanteile in Höhe von 51% des Nennbetrages des Stammkapitals, so verfügt dieser Gesellschafter nach dem gesetzlichen Grundmodell über 51% der vorhandenen Stimmen und kann einfache Mehrheitsbeschlüsse im Alleingang fassen.

Die gesetzlichen Regelungen des § 47 Abs. 1 und 2 GmbHG zum einfachen Mehrheitsbeschluss und zur Zuweisung der Stimmkraft des einzelnen Gesellschafters sind nicht zwingend. Den Gesellschaftern steht es frei, von diesem Grundmodell durch gesellschaftsvertragliche Regelung abzuweichen (siehe § 45 Abs. 2 GmbHG). Es kann aus unterschiedlichen Gründen interessant sein, von dieser Gestaltungsfreiheit Gebrauch zu machen. Insbesondere zur Einflusswahrung oder Sicherung von Kontrolle kann eine abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung geeignet sein.

In der Praxis spielt das Motiv der Einflusswahrung beispielsweise im Bereich der Unternehmensnachfolge eine wichtige Rolle. Aus steuerlichen Beweggründen werden hierbei häufig zu Lebzeiten Geschäftsanteile auf die nachfolgende Generation übertragen. Gleichzeitig will die übertragende ältere Generation, die das Unternehmen aufgebaut hat, ihre Machtposition in der Gesellschaft auch als Minderheitsgesellschafter wahren. Auch beim Hinzutreten eines neuen Investors, der zwar nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile übernehmen möchte, aber dennoch Kontrolle über das Unternehmen ausüben will, ist die gesetzlich vorgesehene Koppelung der Stimmkraft an die vermögensmäßige Beteiligung des Gesellschafters am Stammkapital oftmals nicht gewünscht.

Es bieten sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen die Wahrung des Einflusses und die Sicherung der Kontrolle für Minderheitsgesellschafter in verschiedenen Abstufungen erreicht werden können. Um eine größere Gewichtung eines Gesellschafters unabhängig von seiner vermögensmäßigen Beteiligung zu bewirken, können beispielsweise Mehrstimmrechte geschaffen werden. Spiegelbildlich können Geschäftsanteile anderer Gesellschafter stimmrechtslos gestellt werden. Zur Wahrung bestimmter Einzelinteressen können Vetorechte eingeräumt werden oder zu einzelnen Beschlussgegenständen kann die Zustimmung einzelner Gesellschafter verlangt werden. Ebenso kommt je nach Gesellschafterstruktur eine Abstimmung nach Köpfen oder die Einräumung des Rechts zum Stichentscheid eines Gesellschafters bei Stimmengleichheit in Betracht.

Bei aller Gestaltungsfreiheit ist insbesondere darauf zu achten, dass es nicht zu einer – nach allgemeiner Meinung – unzulässigen Umkehrung des rechnerischen Mehrheitsprinzips kommen darf. Das Mehrheitsprinzip des § 47 GmbHG darf nicht dahin ins Gegenteil verkehrt werden, dass ein Beschluss auch dann zustande kommt, wenn mehr Nein-Stimmen als Ja-Stimmen abgegeben wurden. Individuelle Gestaltungen erfordern daher eine präzise Umsetzung, sodass die Gesamtzahl der Stimmen, die Zuweisung der Stimmrechte zu einzelnen Gesellschaftern und sich hieran orientierende Quoren ein schlüssiges System ergeben und zu dem gewünschten Ergebnis führen.

Dr. Johannes Weiland, Rechtsanwalt