Muss das sein? Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige ohne Soll-Angaben?
Eine wirksame Massenentlassungsanzeige abzugeben ist trotz der von der Bundesagentur für Arbeit rund um den Vorgang zur Verfügung gestellten Informationen kein Leichtes. Nun hat das Landesarbeitsgericht Hessen mit Urteil vom 25.06.2021 einen weiteren Fettnapf aufgestellt.
Das Kündigungsschutzgesetz unterscheidet zwischen sogenannten „Muss-“ und „Soll-Angaben“, welche ein Arbeitgeber gegenüber der zuständigen Bundesagentur für Arbeit erteilen soll. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung und Literaturauffassung entschied das Landesarbeitsgericht Hessen, dass eine ohne „Soll-Angaben“ abgegebene Massenentlassungsanzeige unwirksam ist, jedenfalls sofern dem nach Auffassung des Gerichts zur Nachforschung verpflichteten Arbeitgeber die Angaben möglich gewesen wären. Dies folge aus einer unionsrechtskonformen Auslegung der Vorschrift des KSchG zu den „Soll-Angaben“. Dies ist folgenschwer, sind doch die nach einer unwirksamen Massenentlassungsanzeige erfolgten Kündigungen ebenfalls allesamt unwirksam.
Gegen die Entscheidung wurde Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt (unter dem Az. 2 AZR 424/21). Bis in Erfurt für Klarheit gesorgt wird, hinterlässt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen eine Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Auswirkungen des Fehlens von „Soll-Angaben“. Aus Gründen der Vorsicht wird sich die Praxis an die Vorgaben des Landesarbeitsgerichts Hessen halten müssen.
Felix Nietsch LL.M. (Köln/Paris I), Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht