Beteiligung am Verfahren über den Erbschein
In der Praxis werden viele Erbstreitigkeiten im Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins ausgefochten. In diesem Verfahren erhält regelmäßig nur derjenige rechtliches Gehör, der vom Gericht als Beteiligter hinzugezogen wurde. Diese Hinzuziehung kann man beantragen, wenn man sich für einen Erben hält. Das Oberlandesgericht München hat nun entschieden (Az. 31 Wx 254/16), dass diesem Antrag bei einem unklaren Testament schon dann stattgegeben werden muss, wenn die eigene Auslegung nicht von vornherein völlig ausgeschlossen erscheint. Insbesondere dann, wenn eine Zuwendung als Erbeinsetzung oder als Vermächtnis ausgelegt werden kann oder mehrere widersprüchliche Testamente existieren, muss das Nachlassgericht nach dieser Entscheidung den betroffenen Antragsteller beteiligen. Es ist sehr ratsam, von diesen Verfahrensrechten Gebrauch zu machen. Mit einem bereits erteilten Erbschein werden oftmals Fakten geschaffen, die im Nachgang – wenn überhaupt – nur schwer rückgängig gemacht werden können.
Sascha Unger, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Erbrecht, Zertifizierter Testamtensvollstrecker (AGT)