Bundesgerichtshof zu Mängelrechten vor Abnahme
Der Bundesgerichtshof hat mit einer lang erwarteten Grundsatzentscheidung (Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 301/13) Stellung genommen zu der bislang von ihm noch nicht entschiedenen Frage, ob der Besteller eines BGB-Bauvertrages Mängelrechte nach § 634 BGB auch bereits vor Abnahme geltend machen kann. Diese Frage war in der Rechtsprechung wie auch in der juristischen Kommentarliteratur umstritten. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass der Besteller Mängelrechte nach § 634 BGB (Nacherfüllung, Selbstvornahme, Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung, Rücktritt, Minderung oder Schadenersatz) grundsätzlich erst nach Abnahme mit Erfolg geltend machen kann.
Aber: Keine Regel ohne Ausnahme. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Besteller auch in Ausnahmefällen berechtigt sein kann, Mängelrechte nach § 634 BGB ohne Abnahme geltend zu machen. Dies ist dann der Fall, wenn er nicht mehr die Vertragserfüllung verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist, beispielsweise durch Geltendmachung von Schadenersatz oder Minderung.
Im Ergebnis unterscheiden sich also weiter BGB-Bauvertrag und VOB-Bauvertrag, was Mängelrechte vor Abnahme betrifft. Bei einem VOB-Bauvertrag regelt § 4 Abs. 7 VOB/B die Rechte des Auftraggebers, wenn Leistungen des Auftragnehmers während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden. Will der Besteller eines BGB-Bauvertrages sich diese Rechte sichern, bedarf es einer entsprechenden Vertragsgestaltung.
Dr. Thomas Brübach, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater