Dieselskandal: Anspruch auf Neuwagen bei Modellwechsel?

Dieselskandal

Der Dieselskandal beschäftigt die Gerichte bis hinauf zum Bundesgerichtshof. Mit Spannung wurde erwartet, wie ein dort rechtshängiges Revisionsverfahren bezüglich eines VW Tiguan 2.0 TDI entschieden wird (Az.: VIII ZR 225/17). Es ging um einen Neuwagen, der 2015 gekauft worden war. Das Fahrzeug war mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierte. Das Fahrzeug wird mittlerweile so nicht mehr hergestellt. Der „VW Tiguan der 2. Generation“ ist stärker motorisiert, hat eine gesteigerte Höchstgeschwindigkeit und ist etwas länger und breiter.

In einem nun veröffentlichten Hinweisbeschluss hat der Bundesgerichtshof ausführlich zu seiner Rechtsauffassung Stellung genommen. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei der hier installierten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Das Fahrzeug habe deswegen einen Sachmangel, weil es sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eigne. Schon die latente Gefahr einer Betriebsuntersagung oder einer Betriebseinschränkung durch die Zulassungsbehörde reiche dafür aus. Es komme nicht darauf an, ob das Kraftfahrt-Bundesamt dem Hersteller bereits eine so genannte Umrüstanordnung erteilt habe. Der Käufer habe grundsätzlich einen Anspruch auf eine Ersatzlieferung eines gleichartigen und gleichwertigen Fahrzeugs. Das könne auch ein Nachfolgemodell sein. Dem Hersteller sei eine solche Ersatzlieferung nicht schon deswegen im Rechtssinne unmöglich, weil er das Fahrzeug so nicht mehr herstelle. Es komme dabei nicht darauf an, ob sich das Nachfolgemodell nur als „Facelift“ des Vorgängermodells darstelle. Technische Abweichungen zwischen Vorgänger und Nachfolger würden den Anspruch auf Ersatzlieferung für sich genommen noch nicht entfallen lassen. Entscheidend seien vielmehr die Kosten der Ersatzlieferung im Verhältnis zum Kaufpreis.

In einer Pressemitteilung vom 22.02.2019 hat der Bundesgerichtshof mitgeteilt, dass der Rechtsstreit vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung durch einen Vergleich beendet wurde. Das Gericht hatte daher keine Gelegenheit mehr, die Streitfragen abschließend zu entscheiden. Durch seine ausführlichen Hinweise hat es Herstellern, Händlern und Käufern trotzdem eine gute Orientierung zu einigen besonders wichtigen und strittigen Rechtsfragen geboten.

Sascha Unger, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Erbrecht, Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)