Förmliche Abnahme vereinbart; fiktive oder konkludente Abnahme ausgeschlossen, Fertigstellungsanzeige genügt nicht!
Bekanntermaßen setzt die Fälligkeit des Werklohnanspruches eine Abnahme voraus und führt zur Beweislastumkehr hinsichtlich der Abnahmereife. Haben die Parteien in einem Bauvertrag eine förmliche Abnahme nach § 12 Abs. 4 VOB/B vereinbart, sind anderen Abnahmeformern – also insbesondere eine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B (12 Werktage nach Fertigstellungsanzeige) oder eine konkludente Abnahme (also eine solche durch schlüssiges Verhalten, wie etwa einer rügelosen, längeren Ingebrauchnahme) – grundsätzlich ausgeschlossen.
Bis zur Abnahme muss der Auftragnehmer die Abnahmereife vortragen und unter Beweis stellen, §§ 363, 640 Abs. 1 BGB. Daran kann es bei entsprechender Vereinbarung fehlen, wenn eine vertraglich geschuldete Dokumentation nicht vorgelegt wurde, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Hauptpflicht oder Nebenpflicht handelt, zuletzt etwa IBRRS 2020, 0014 (BGH, Beschluss vom 18.09.2019 - VII ZR 248/17 zu OLG München, Beschluss vom 25.09.2017 - 9 U 1847/17 Bau).
Die Abnahme darf mit Fug und Recht als der „Dreh- und Angelpunkt“ des Bauvertrages bezeichnet werden. Vertiefte Kenntnisse in diesem Bereich sind daher auch für die tägliche Baupraxis unabdingbar.
Rudolf Krechel, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Verwaltungsfachwirt