Geschwisterpflichtteil und gesetzliches Verschwägertenerbrecht
Dem Kenner der Materie wird es beim Lesen der Überschrift schaudern: Weder das eine noch das andere existiert. Gleichwohl halten sich entsprechende Fehlvorstellungen, wie dem Autor aus Beratungs- und Referentenpraxis bekannt ist, hartnäckig:
Zum einen wird von regelmäßig die Frage gestellt, ob auch Geschwister, wenn man sie im Testament nicht als Erben vorsehe, Pflichtteilsansprüche haben können. Wenn man diese Frage verneint, folgt oft der Einwand, ob dies denn nicht zumindest dann gelte, wenn der Erblasser keine Kinder habe. Auch diese Frage lässt sich, dies zur Beruhigung des Lesers, eindeutig verneinen: Geschwister, auch wenn sie im konkreten Fall zu den gesetzlichen Erben zählen würden (zum Beispiel, weil der Erblasser keine Abkömmlinge hat), haben gleichwohl niemals Pflichtteilsansprüche.
Auch eine zweite Sorge, kaum weniger weit verbreitet, besteht zu Unrecht: Die nämlich, was passiert, wenn im Zeitpunkt des eigenen Todes ein kraft Testament oder Gesetz an sich zur Erbfolge berufenes Kind oder auch Geschwisterteil bereits vorverstorben ist. Wird dann dessen Ehemann oder Ehefrau Erbe? Auch dies ist, wenn testamentarisch entsprechendes nicht ausnahmsweise verfügt wurde, nicht der Fall. Dies hat zuletzt das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 09.10.2017 (16 U 82/17) bestätigt: Da eine solche Rechtsfolge objektiv unmöglich sei, sei eine Feststellungsklage, die auf die Feststellung ihres Nichtbestehens gerichtet war, mangels Feststellungsinteresse bereits als unzulässig abzuweisen.
Dr. Hans Vogt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Erbrecht, Steuerberater