Haftung bei Verletzung der intraoperativen Aufklärungspflicht
Stellt sich während der Operation an den Nieren eines achtjährigen Kindes heraus, dass der ursprünglich geplante Eingriff nicht durchführbar ist, kann eine neue Situation vorliegen, die eine neue Aufklärung der sorgeberechtigten Eltern über die zu verändernde Behandlung und ihre hierzu erteilte Einwilligung erfordert. Besteht in diesem Fall neben der Entfernung einer Niere nämlich grundsätzlich auch die Möglichkeit einer späteren nierenerhaltenden Operation, kann ein Aufklärungsdefizit vorliegen, wenn den Kindeseltern gegenüber die Nierenentfernung als einzig mögliche Behandlung dargestellt wird. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 07.12.2016 (3 U 122/15) entschieden. Bei der Entscheidung berücksichtigte der Senat insbesondere, dass sich die Kindeseltern in der vor der Operation bestehenden Situation - nach Bedenkzeit und Beratung durch einen niedergelassenen Urologen - ausdrücklich gegen eine Nierenentfernung beim Kläger entschieden hätten. In dieser Situation könne auch nicht von einer hypothetischen Einwilligung der Eltern in die sofortige Entfernung der Niere ausgegangen werden. Vielmehr sei anzunehmen, dass sich die Kindeseltern in einem echten Entscheidungskonflikt zwischen der sofortigen Nierenentfernung und der Möglichkeit der Übergangslösung befunden hätten.
Kristina Orth, Fachanwältin für Medizinrecht, Fachanwältin für Versicherungsrecht