Kein Kinderfreibetrag beim Erwerb vom lediglich biologischen Vater
Nach den einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist Vater eines Kindes im rechtlichen Sinne der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist. Meist ist dieser rechtliche Vater auch der biologische, also der, der das Kind tatsächlich gezeugt hat. Dem ist indessen nicht immer so. Fallen biologische und rechtliche Vaterschaft auseinander, so ist dies durchaus relevant auch bei der Erbschaftsteuer, und zwar in gleicher Weise sowohl im Erbfall als auch bei lebzeitigen Schenkungen: Unstreitig gehört ein Kind gegenüber seinem rechtlichen Vater stets zur günstigen Erbschaftsteuerklasse, nämlich der Steuerklasse I. Dies bedeutet: Das Kind hat dann einen Freibetrag von 400.000,00 € und der Steuersatz auf den diesen Freibetrag übersteigenden Betrag beginnt mit 7 %. Es stellte sich die Frage, ob dies beim Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Vaterschaft auch gegenüber dem nur biologischen Vater gilt. Das Hessische Finanzgericht (Urteil vom 15.12.2016 – 1 K 1507/16 hat letzteres bejaht. Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 05.12.2019 - II R 5/17) war anderer Meinung: Er hat das Urteil des Hessischen Finanzgerichts aufgehoben und entschieden, dass die günstigere Steuerklasse in diesen Fällen ausschließlich gegenüber dem rechtlichen, nicht aber auch gegenüber dem biologischen Vater Anwendung findet. Gegenüber letzteren gilt also die ungünstigste Steuerklasse III mit einem Freibetrag von lediglich 20.000,00 € und einem Steuersatz, der bereits mit 30 % beginnt. Die Auswirkungen in der Praxis sind erheblich: Schenkt oder vererbt der rechtliche Vater (gleichgültig ob er gleichzeitig auch der biologische ist) seinem Kind 400.000,00 € oder eine Immobilie mit dem entsprechenden Erbschaftsteuerwert, so fällt keine Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer an. Stammt derselbe Erwerb vom (lediglich) biologischen Vater, kostet dies stolze 114.000,00 € Steuer. Auf den ersten Blick mag dies als ungerecht erscheinen. Schließlich stammt das Kind ja von seinem biologischen Vater ab. Indessen muss man sehen: Die (nur) biologische Vaterschaft ist nicht nur eine solche ohne wirkliche Elternrechte, sondern auch ohne Elternpflichten. Der Bundesfinanzhof hat dies konsequent auch auf die Erbschaftsteuer übertragen.
Dr. Hans Vogt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Erbrecht, Steuerberater