Kein Löschungsanspruch gegen Rechtsanwalt
Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 15.12.2022 – Az. 16 U 255/21) kann ein Betroffener keine Löschung eines anwaltlichen Homepage-Beitrages verlangen, in dem der Rechtsanwalt über einen gerichtlichen Erfolg gegen den Betroffenen berichtet, selbst wenn die Entscheidung später rechtskräftig aufgehoben wurde. Der Betroffene hat jedoch einen Anspruch auf einen Nachtrag, der über die nachträgliche Aufhebung berichtet.
Dem Urteil liegt eine Klage einer deutschlandweit tätigen Wirtschaftsauskunftei zugrunde. Gegen diese hatte der Beklagte – ein Rechtsanwalt – im November 2020 eine einstweilige Verfügung erstritten und über diesen gerichtlichen Erfolg dann in einem Anwalts-Blog auf seiner Homepage berichtet. Auf einen Widerspruch der Klägerin wurde die einstweilige Verfügung zwar rechtskräftig aufgehoben, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten blieb aber dennoch unverändert auf seiner Homepage zugänglich. Das Landgericht gab einem Unterlassungsanspruch der Klägerin statt. Das Oberlandesgericht hat nun über die vom Beklagten eingelegte Berufung entschieden.
Das Oberlandesgericht wies den Unterlassungsanspruch ab. Zur Begründung führte es an, dass wahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich hinzunehmen seien. Für den Leser sei erkennbar, dass der Beitrag keine Aktualisierungen enthalte. Grundsätzlich könne eine veränderte Sachlage, die dazu führt, dass der Ursprungsbericht unwahr oder in einem falschen Licht erscheint, zwar bei unveränderter Bereitstellung des Ursprungsberichts im Einzelfall unzulässig sein. Aber so sei es nicht im zu entscheidenden Fall. Im Rahmen einer Interessenabwägung kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin aufgrund der geringen Verbreitung des Beitrags nur gering sei. Ein Löschungsanspruch wäre hingegen ein starker Eingriff in die Berufs- und Meinungsfreiheit des beklagten Rechtsanwalts, der ein anerkennenswertes Interesse an der Information seiner (potentiellen) Kunden von seinen gerichtlichen Erfolgen habe.
Das Gericht weist dann noch darauf hin, dass ein aktualisierender Nachtrag über den Fortgang des Verfahrens – die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung – ausreichend und verhältnismäßig gewesen wäre.
Thomas Haschert Mag. iur., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht, Datenschutzbeauftragter der Kanzlei, Datenschutzauditor