Revisionsrecht - Keine sachliche Prüfung eines Ablehnungsgesuches bei einer rechtlich völlig ungeeigneten Begründung

Grundsätzlich muss ein Angeklagter im Strafverfahren die Möglichkeit haben, an einer ihn betreffenden Entscheidung mitwirkende Richter abzulehnen, wenn er begründete Sorge hat, diese könnten ihm nicht unparteiisch gegenüberstehen, also befangen sein. Die Strafprozessordnung enthält daher entsprechende Regelungen zu einer Richterablehnung wegen Befangenheit. Um einen Missbrauch des Ablehnungsrechtes zu verhindern, sieht das Gesetz aber unter anderem auch vor, dass ein Ablehnungsgesuch ohne jede Begründung schon von den abgelehnten Richtern selbst als unzulässig verworfen werden kann. Dem stellt die Rechtsprechung, in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise, die Fälle gleich, in denen eine aus rechtlichen Gründen völlig ungeeignete Begründung vorgebracht wird. Vor diesem Hintergrund wies der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit Beschluss vom 11. Januar 2018 (Az.: 1 StR 36/17) das Befangenheitsgesuch eines Angeklagten zurück, mit dem dieser sämtliche Mitglieder des Senates abgelehnt hatte. Denn die vorgebrachten Gründe erschöpften sich letztlich darin, dass eine Bearbeitung des Verfahrens seit Eingang der Sache beim Bundesgerichtshof nicht erfolgt sei. Weil der Verteidigung die zur Entscheidung berufenen Richter namentlich nicht bekannt seien, würden sämtliche Strafsenatsmitglieder abgelehnt.

Dr. André Neumann, Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)