Zum EuGH: Voraussetzungen zur Abberufung eines Datenschutzbeauftragten
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im April dieses Jahres über die Voraussetzungen der Abberufung eines Datenschutzbeauftragten zu entscheiden. Es rief zunächst den Gerichtshof der Europäischen Union an, um zu klären, ob die von den Bestimmungen des EU-Rechts abweichenden Regelungen des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes hierzu neben der europäischen Datenschutzgrundverordnung Anwendung finden können.
Der Entscheidung lag die Abberufung des teilweise freigestellten Klägers als betrieblichem Datenschutzbeauftragten zugrunde, der zeitgleich Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrates war. Nach Ansicht der Beklagten waren diese beiden Ämter aufgrund drohender Interessenkonflikte nicht miteinander vereinbar, sodass sie den Kläger von seiner Stellung als Datenschutzbeauftragter entbinden wollte.
Nach den Bestimmungen der europäischen Datenschutzgrundverordnung kann ein Datenschutzbeauftragter grundsätzlich jederzeit abberufen werden, ohne dass es hierfür besonderer Voraussetzungen bedarf.
Demgegenüber setzt eine Abberufung nach dem Bundesdatenschutzgesetz voraus, dass ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 BGB (fristlose Kündigung aus wichtigem Grund) vorliegen muss, § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 BDSG.
Nach Einschätzung der Vorinstanzen und vorläufig des Bundesarbeitsgerichts liegt in der Doppelstellung als Betriebsratsvorsitzender und Datenschutzbeauftragter kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vor. Eine Abberufung nach rein deutschem Recht wäre damit nicht möglich.
Hält der Gerichtshof der Europäischen Union die deutschen Bestimmungen für unionsrechtskonform und damit für anwendbar, soll er nach Vorlage des BAG weiter entscheiden, ob die gleichzeitige Ausübung des Betriebsratsvorsitzes und des Amts des Datenschutzbeauftragten – grundsätzlich oder nur bei besonderer Aufgabenzuweisung – zu einem Interessenkonflikt im Sinne des Art. 38 Abs. 6 2 DSGVO führt. In diesem Fall müsste die Einschätzung zum Vorliegen eines wichtigen Grundes durch das BAG revidiert werden.
Mit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht und fällt damit nicht nur, inwieweit Datenschutzbeauftragte „ohne Weiteres“ abberufen werden können, sondern auch, ob eine Personalunion zwischen Betriebsrat und Datenschutzbeauftragtem möglich ist. Darüber hinaus ist es nach Ansicht des BAG fraglich, ob die Abberufungsregelung der DSGVO ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit einem Datenschutzbeauftragten überhaupt regeln und regeln dürfen.
BAG Beschluss vom 27.04.2021, Az. 9 AZR 383/19
Thomas Haschert Mag. iur., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht, Datenschutzbeauftragter der Kanzlei, Datenschutzauditor