Ein „Klassiker“: Dienstpläne und Arbeitszeit
Im Einzelfall können in Dienstplänen festgesetzte Ruhezeiten arbeitszeitrechtlich als Bereitschaftsdienst einzustufen sein. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen mit Urteilen vom 13.02.2020 – Az. unter anderem 1 A 1512/18 – für die Einsatzkräfte der Bundespolizei im Rahmen des G7-Gipfels 2015 entschieden.
Die beklagte Bundesrepublik Deutschland hatte zuvor die Anträge der Kläger abgelehnt, die Ruhezeiten als Bereitschaftszeiten anzurechnen und hierfür Freizeitausgleich zu gewähren.
Entgegen der Bezeichnung im Dienstplan als „Ruhezeiten“ konnten die Beamten in den betreffenden Zeiträumen aber ihre Freizeit nicht autonom gestalten, da sie währenddessen in Hotels untergebracht waren und dort möglichst geschlossen verbleiben sollten. Ein Verlassen war nur nach vorheriger Genehmigung möglich. Ferner mussten die Beamten ununterbrochen erreichbar sein, durften keinen Alkohol zu sich zu nehmen und mussten erforderliche Ausrüstung wie beispielsweise Dienstwaffen und Munition bei sich tragen, um bei Bedarf jederzeit einsatzbereit zu sein. Die Kläger hätten auch mit solchen Einsätzen rechnen müssen.
Das OVG hat konsequent die Grundsätze des Arbeitszeitrechts angewandt. Für die Qualifizierung als Einsatz-, Bereitschafts- und Ruhezeiten sind nicht die Bezeichnungen der Zeiträume, sondern die tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall entscheidend.
Auch heute, in Zeiten von Corona und nicht nur für Polizisten, gilt: Entscheidendes Kriterium der Abgrenzung von Arbeitszeit und Ruhezeit ist, inwieweit der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort und - damit untrennbar verbunden - die Gestaltung seiner Zeit selbst bestimmen kann. Je weniger autonom der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort bestimmen und seine Zeit gestalten kann, desto eher ist die Zeit als Arbeitszeit anzusehen. Ist der Arbeitnehmer (noch) frei, seinen Aufenthaltsort selbst zu bestimmen und seine Zeit zu gestalten, so liegt Ruhezeit vor. Bestimmt der Arbeitgeber, wo der Arbeitnehmer sich aufzuhalten hat und schränkt damit auch den Spielraum ein, wie dieser seine Zeit nutzen kann, so handelt es sich um Arbeitszeit.
Thomas Haschert Mag. iur., Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht, Datenschutzbeauftragter der Kanzlei, Datenschutzauditor