500.000 Euro Schmerzensgeld für groben Behandlungsfehler
Das Oberlandesgericht Celle hat mit nun veröffentlichtem Beschluss vom 20.08.2018 (1 U 71/17) den Hinterbliebenen eines Patienten ein Schmerzensgeld i.H.v. 500.000 Euro zugesprochen. Der verstorbene Patient war 50 Jahre alt, als er wegen seit langer Zeit bestehender Bandscheibenschäden und dadurch verursachter akute Rückenschmerzen seinen Hausarzt aufsuchte. Der Hausarzt injizierte dem Patienten binnen einer Woche viermal einen Medikamentencocktail in den Gesäßmuskel. Wenige Stunden nach der letzten Spritze kollabierte der Patient. Und wurde mit Schüttelfrost, Atembeschwerden und Schmerzen als Notfall auf der Intensivstation eines Krankenhauses aufgenommen. Ursache für den Kollaps war ein durch einen Spritzenabszess ausgelöster schwerer septischer Schock, welcher zu einem multiplen Organversagen und schließlich zu einer dauerhaften Körperlähmung führte. Der Patient musste künstlich beatmet werden und blieb weitgehend gelähmt. Der Patient, Vater von drei minderjährigen Kindern, entschloss sich daher zu einem ärztlich begleiteten Freitod. Die Witwe und ihre Kinder verklagten anschließend den Hausarzt auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Dem schlossen sich sowohl das Landgericht Lüneburg als auch das Oberlandesgericht Celle an. Die Richter gingen von einem groben Behandlungsfehler aus, da die Injektionen mit dem Medikamentencocktail sowohl dem fachlich medizinischen Standard als auch den gängigen Leitempfehlungen widersprochen hatten. Angesichts der besonders schweren Leidensgeschichte des Verstorbenen sprachen sie der Erbengemeinschaft ein Schmerzensgeld i.H.v. 500.000 Euro zu.
Die von dem Arzt gegen die Entscheidung erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 12.03.2019 zurückgewiesen (VI ZR 355/18). Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Kristina Orth, Fachanwältin für Medizinrecht, Fachanwältin für Versicherungsrecht