Arbeitsrecht – Wird die Arbeitszeiterfassung allgemein verpflichtend?
In seinen Schlussanträgen vom 31.1.2019 in der Rechtssache C-55/18 empfiehlt der EuGH-Generalanwalt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) festzustellen, dass sich aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und aus der Arbeitszeitrichtlinie die Verpflichtung von Arbeitgebern ergibt, ein System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer einzuführen. Der EuGH wird in Kürze darüber entscheiden.
Wenn der EuGH der Auffassung des Generalanwaltes folgt, hätte dies auch in Deutschland erhebliche Auswirkungen. Das deutsche Recht kennt keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, sondern nur gesetzliche Ausnahmefälle, in denen der Arbeitgeber zur Zeiterfassung verpflichtet ist (insbesondere für geringfügig Beschäftigte und bestimmte Branchen). Richtet sich der EuGH nach den Anträgen des Generalanwalts wären alle Arbeitgeber zur täglichen Zeiterfassung verpflichtet. Betriebsräte könnten verlangen, dass der Arbeitgeber eine Zeiterfassung einführt. Auch bei der Ausgestaltung stünde dem Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht zu.
Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH urteilt.
Felix Nietsch, LL.M. (Köln/Paris I), Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht