Keine Ersatzvornahme bei Mängeln vor Abnahme ohne vorherige Kündigung
In einem VOB-Bauvertrag kann der Auftraggeber bereits vor Abnahme Mängel rügen und eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen, § 4 Abs. 7 VOB/B. Will er dann ein Drittunternehmen mit der Mängelbeseitigung beauftragen und die Kosten dieser Ersatzvornahme bei dem Auftragnehmer geltend machen, muss er die Kündigung des Bauvertrags erklären. Das hat das OLG München mit Beschluss vom 19.03.2015 - 28 U 3361/14 Bau (IBRRS 2017, 4005, Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen) nochmals betont. Vor Durchführung einer Ersatzvornahme muss der Auftraggeber also sorgfältig prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Geltendmachung gegenüber dem Auftragnehmer erfüllt sind. Denn oftmals herrscht die Meinung vor, für einen solchen Anspruch genüge der fruchtlose Ablauf einer angemessenen Frist zur Mangelbeseitigung. Das OLG München hat schließlich noch den „Rettungsanker“ für den Auftraggeber aufgezeigt, nämlich ein – in dem entschiedenen Fall verneintes - erschüttertes Vertrauensverhältnis der Bauvertragsparteien, welches eine Fristsetzung mit Androhung der Kündigung entbehrlich machen könnte. Dabei ist es in der streitigen Auseinandersetzung riskant, sich (nur) auf eine solche Argumentation zu stützen.
Dr. Thomas Brübach, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht