Nach wie vor Vorsicht bei Absprachen - BGH hebt Verurteilung durch das Landgericht Koblenz wegen Steuerhinterziehung auf
Das Landgericht Koblenz hatte den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von über fünf Jahren verurteilt. Der BGH hob diese Entscheidung nun mit Beschluss vom 21. März 2017 (Aktenzeichen: 1 SrR 622/16) auf eine Verfahrensrüge des Angeklagten hin auf. Dem lag zugrunde, dass bereits im Zwischenverfahren zwischen der Strafkammer, der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung Gespräche geführt worden waren. Vor der Eröffnung des Hauptverfahrens fand dann eine weitere Besprechung zwischen zwei Richtern des erkennenden Spruchkörpers, den Vertretern der Staatsanwaltschaft und Verteidigern statt. Hierbei wurden im Einzelnen die verschiedenen Vorstellungen der Beteiligten zum Strafmaß und der Möglichkeit einer Außervollzugsetzung des gegen den Angeklagten bestehenden Haftbefehles erörtert. Die Verfahrensbeteiligten stimmten darin überein, dass im Ergebnis eine Verfahrensverständigung gemäß § 257c StPO erzielt werden sollte. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens kam es vor Beginn des ersten Hauptverhandlungstermins zu weiteren nicht öffentlich geführten Erörterungen unter Einschluss der Mitglieder der Strafkammer, der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft sowie den Verteidigern. In der sich anschließenden Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende mit, dass verschiedene Vorerörterungen hätten, auch mit dem Ziel einer Verständigung. Den wesentlichen Inhalt des vor der Eröffnung des Hauptverfahrens geführten Gespräches gab er jedoch nicht bekannt. Nach Auffassung des BGH war dies unzureichend, so dass ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 S. 1 StPO vorgelegen hat. Denn nach dieser Vorschrift hat der Vorsitzende auch den wesentlichen Inhalt stattgefundener Gespräche zwischen den Verfahrensbeteiligten mit dem Ziel einer Verständigung nach § 257c StPO mitzuteilen. Hierauf beruhe das Urteil auch, weil bei Verstößen gegen diese in der StPO normierte Pflicht zur Mitteilung lediglich in Ausnahmefällen ein Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler ausgeschlossen werden könne. Insoweit folgt der erste Strafsenat hier der inzwischen mehr oder weniger verfestigten Rechtsprechung, welche so dem gesetzgeberischen Ziel der Transparenz und Dokumentation von Verständigungen im Strafverfahren Rechnung tragen soll.
Dr. André Neumann, Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)