Die absprachewidrige Entfernung des Patienten aus dem Krankenhaus steht einer Arzthaftung entgegen
Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 24.01.2017 (8 U 119/15) entschieden, dass ein Arzt in einer Klinik nicht in jeder Minute des Aufenthaltes einer Patientin damit rechnen muss, dass sich die Patientin plötzlich unerwartet und absprachewidrig entfernt. Die wegen angeblicher Behandlungs-/Aufklärungsfehler gegen die Ärzte und den Krankenhausträger gerichtete Klage eines Mannes aus übergegangenem Recht seiner Ehefrau wies das Oberlandesgericht daher zurück.
Das erstinstanzliche Landgericht hatte dem Kläger noch eine Zahlung von mehr als 80.000 € sowie eine Geldrente in Höhe von monatlich 1.620 € zugesprochen. Die Berufung der Beklagten hiergegen hatte jedoch Erfolg. Denn zur Überzeugung des Berufungsgerichts stand fest, dass die verstorbene Ehefrau des Klägers nicht stationär aufgenommen werden wollte. Während einer eingeräumten Überlegungszeit war der behandelnde Arzt auf eine andere Station gegangen; als er nach etwa zehn Minuten wieder auf die Intensivstation zurückkam, waren die Eheleute absprachewidrig verschwunden und hatten die Einweisung sowie das EKG mitgenommen.
Vor diesem tatsächlichen Hintergrund erwies sich die Klage als unbegründet. Ein Arzt muss nämlich nicht in jeder Minute eines Aufenthaltes einer Patientin in einer Klinik damit rechnen, dass sich die Patientin plötzlich unerwartet und absprachewidrig entfernt; der Arzt muss daher auch nicht unmittelbar zu Beginn des ersten Gesprächskontakts mit der Patientin darauf hinweisen, dass dann, wenn diese sich absprachewidrig aus der Klinik entfernt, eine lebensbedrohliche Situation entstehen könnte, so das erkennende Gericht.
Kristina Orth, Fachanwältin für Medizinrecht, Fachanwältin für Versicherungsrecht