Anwesenheitsprämie und Mindestlohn
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 22.11.2016 (Az. 5 Sa 298/15) entschieden, dass eine tarifvertragliche Anwesenheitsprämie, die zusätzlich zum Stundenlohn gezahlt und bei krankheitsbedingten Fehlzeiten gekürzt wird, regelmäßig geeignet ist, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu erfüllen.
Diese Prämie ist also auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar.
Die Funktion des Mindestlohns gebiete es nicht, die Anwesenheitsprämie zusätzlich zu diesem zahlen. Die Anwesenheit bzw. das Tätigwerden am Arbeitsplatz sei mit dem Mindestlohn abgegolten.
Den Mindestlohnanspruch erfüllen grundsätzlich alle Entgeltzahlungen des Arbeitgebers, die sich als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen, es sei denn, dass der Arbeitgeber sie ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung erbringt oder dass sie auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen, wie z. B. der Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ob eine Leistung auf den Mindestlohnanspruch anzurechnen ist, richtet sich nach ihrem Zweck. Soll eine Leistung, beispielsweise eine Zulage, ihrem Zweck nach dieselbe Arbeitsleistung entgelten, die mit dem Mindestlohn zu vergüten ist, liegt eine funktionale Gleichwertigkeit vor, die zur Anrechnung führt. Eine Anrechnung scheidet jedoch aus, wenn der Entgeltbestandteil nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung steht, sondern eine andere Funktion als der Mindestlohn hat. Das gilt beispielsweise für vermögenswirksame Leistungen, die nicht dazu bestimmt sind, den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22.11.2016, Az. 5 Sa 298/15.
Thomas Haschert, Fachanwalt für Arbeitsrecht