Handlungsbedarf für Online-Händler, die sich an Verbraucher wenden: neue gesetzliche Informationspflichten sind Anlass für AGB-Änderungen
Der Gesetzgeber hat zur Umsetzung der sog. „Omnibus-Richtlinie“ (EU/2019/2161) am 10.08.2021 Gesetze beschlossen, die zum 28.05.2022 in Kraft treten, u.a. das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht.
Ziel der Richtlinie ist die Verbesserung des Verbraucherschutzes zum einen durch neue Informationspflichten für die Online-Händler und zum anderen durch die Einführung von Ordnungswidrigkeitstatbeständen und Sanktionierung mit Bußgeldern im Verletzungsfall. Zukünftig besteht für Verbraucher die unmittelbare Möglichkeit, bei bestimmten Rechtsverstößen einen Schadenersatzanspruch gegen den Unternehmer geltend zu machen. Damit wird die Angreifbarkeit der Unternehmen erweitert, weil künftig nicht mehr nur Mitbewerber oder zugelassene Verbände Ansprüche geltend machen können, sondern auch Verbraucher. Dadurch wird die etablierte Selbstregulierung des Marktes erweitert.
Hinzu kommt aber, dass die neu geschaffenen Ordnungswidrigkeiten auch von Wettbewerbsbehörden geahndet werden können, etwa bei einer Handlung, die dem neuen Katalog (sog. „Black List“) gem. § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 1 bis 32 des Anhangs unterfällt. Dieser betrifft irreführende sowie aggressive geschäftliche Handlungen.
Wenn es sich um weitverbreitete Verstöße oder solche mit EU-Reichweite handelt, kann eine Geldbuße bis zu 50.000,- € betragen oder bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes, wenn das handelnde Unternehmer im vorangegangenen Geschäftsjahr mehr als 1,25 Mio. € Jahresumsatz erzielt hat. Ohne Anhaltspunkte für eine Schätzung der Höhe des Jahresumsatzes beträgt das Höchstmaß der Geldbuße 2 Mio. €. Auch hierdurch erweitert der Gesetzgeber die Selbstregulierung des Marktes nochmals.
Besondere Vorsicht gilt aufgrund der geschaffenen Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände insbesondere auch bezüglich der Verwendung von unwirksamen Klauseln in AGB oder der Verletzung von Informationspflichten gegenüber Verbrauchern.
Wir können daher Unternehmen mit AGB für den B2C-Bereich nur empfehlen, ihre AGB bezüglich der Wirksamkeit von Klauseln und der Vollständigkeit von Informationspflichten überprüfen zu lassen, um dem erweiterten Risiko der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Verbrauchers oder OWi-Verfahren der Wettbewerbsbehörden vorzubeugen.
Klemens M. Hellmann LL.M., Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht